Politik muss nicht langweilig sein. Politische Vorträge müssen nicht ermüden. Beides brachten die Organisatoren und Teilnehmer des Politischen Frühschoppens am 8. Juli in Tittmoning unter einen Hut.
Nachdem das Watzmanntrio mit zwei Gitarren, einer Ziach und drei wunderbaren Stimmen die zahlreichen Gäste eingestimmt hatten, begrüßte der Kreisvorsitzende der AfD in Traunstein Dr. Hans Fellner die Gäste und die aktiven Politiker auf der Bühne.
Zwei Bundestagsabgeordnete, Hans-Jörg Müller und Wolfgang Wiehle, nutzten das erste Wochenende der sitzungsfreien Zeit, um sich den Fragen der Anwesenden zu stellen. Die beiden Landtagskandidaten Jens Schosnowski und Markus Plank gesellten sich dazu. Der Gast mit der weitesten Anreise, Dr. Nicolaus Fest aus Berlin, war Stellvertretender Chefredakteur der Bild am Sonntag, bis er einen islamkritischen Kommentar in der Bams veröffentlichte.
Fellner kommentierte zu Beginn den Unionsstreit zum Asyl. Zwei Selbstverständlichkeiten wären Anlass zum tagelangen Hickhack: Das Einreiseverbot von Menschen mit Einreiseverbot und die Zurückweisung von in anderen Ländern bereits registrierten Migranten. Dass das Grundgesetz dieses im Artikel 16a vorschreibe, würde gar nicht mehr in Betracht gezogen, da die Bundeskanzlerin Merkel behaupte, dass das Grundgesetz gegenüber EU-Verlautbarungen nicht mehr gelte. Man solle sich nicht in Sicherheit wiegen, wenn von lediglich fünf Personen am Tag die Rede sei. Das erste Halbjahr 2018 aufs ganze hochgerechnet, lasse die Zahl von 160.000 neuen Asylbewerbern als wahrscheinlich erscheinen.
Der stellvertretende Kreisvorsitzende Traunsteins Andreas Füssel übernahm die Moderation. Er wies in humorvoller Weise den Antwortenden auf der Bühne fiktive Zuständigkeitsbereiche zu. Als „Ministerpräsident“ sollte Hans-Jörg Müller für alles zuständig sein. Wolfgang Wiehle wurde der Bereich Verkehr und Digitales, Markus Plenk die Landwirtschaft, Jens Schosnowski der Wohnungsbau und Nicolaus Fest das Innenministerium zugeteilt.
Die AfD bekennt sich zur Dieseltechnologie. In einem Flächenstaat wie Bayern dürfe die Mobilität nicht verteuert werden. Außerdem seien die Grenzwerte für Stickoxide willkürlich festgelegt worden. Von 1990 bis 2015 sei der durch den Verkehr verursachte NOx-Wert um 70 % gesunken. Die Luft werde immer besser, es sei denn, man koche mit Gas oder zünde in der Weihnachtszeit viele Kerzen an. Dann nehme der Feinstaubgehalt der Luft exorbitant zu.
Jens Schosnowski nahm Stellung zur Wohnungsproblematik. Er meinte, dass man die Baurichtlinien entschlacken müsse. Vorgefertigte Häuser könnten die Kosten erheblich eindämmen. Durch die Anpassung der Grundsteuer auf realistische Einheitswerte drohe eine Mietexplosion. Ebenfalls befürchtet er eine Erhöhung der Grunderwerbssteuer nach den Landtagswahlen. Sie sei in Bayern bisher am niedrigsten. Die „Energie-Ausweise“ für Häuser werden nicht gemessen, sondern berechnet. Sonneneinstrahlung und andere wichtige Faktoren blieben so außen vor. Er verwies zusätzlich auf einen Vortrag zum Thema „Wohnen“, den er demnächst halten werde, um genauer auf alle Fragen einzugehen.
Der „Landwirtschaftsminister“ auf dem Podium, Bio-Landwirt Markus Plenk aus Ruhpolding, will sich nicht nur für Bio-Bauern einsetzen. Diese hätten natürlich ihre Existenzberechtigung besonders in den schwierig zu bewirtschaftenden gebirgigen Regionen. Letztendlich brauche man beides: konventionelle und ökologische Landwirtschaft. Scharf kritisierte er die CSU für ihre Personalpolitik. Das Landwirtschaftsministerin gehöre in die Hand eines Menschen mit landwirtschaftlichen Erfahrungen.
Der „Innenminister“ Nicolaus Fest beantwortete Fragen zur Immigration. Er verwies auf die EU, die es sich zum Ziel gemacht habe, den Zuzug von Menschen außerhalb der EU zu fördern. Sich legal in der EU Aufhaltende sollen ihre Familien nachholen dürfen. Interessanterweise habe Dänemark dieser Politik nicht zugestimmt. Auch Irland und Großbritannien behalten sich vor, selbst zu entscheiden, wen man ins Land lasse und wen nicht. Der „European Act of Immigration“ müsse gestrichen werden. Die Unterstützungsleistungen für die Asylantragsteller dürfe nur aus Sachleistungen bestehen, um diesen Pull-Faktor auszuschalten. Fest verwies noch auf die widersprüchliche Politik der CSU, die in Bayern herauskehre, die Grenzen zu schützen, während ihre Abgeordneten im Europäischen Parlament – Hohlmeier, Weber, Niebler, Ferber und Deß – dem Wechsel zur Dublin IV-Verordnung zustimmten, die vorsieht, dass sich jeder in Griechenland oder Italien Ankommende aussuchen kann, in welchem Land sein Asylverfahren abzuwickeln wäre. Er müsse lediglich glaubhaft machen, dass er in dem gewünschten Staat Angehörige oder anderweitige Ankerpersonen hätte.
„Ministerpräsident“ Müller nahm noch Stellung zum im Wahlkampf zur Bundestagswahl geforderten Untersuchungsausschuss Merkel. Dazu benötige die AfD 25 Prozent der Abgeordneten-Stimmen. Auch mit der FDP zusammen, die „sanftere“ Fragen stellen möchte, fehlen noch sechs weitere Abgeordnete, um diesen Ausschuss ins Leben zu rufen. Warum die Erkenntnisse ehemaliger Bundesverfassungsrichter, wie beispielweise Hans-Jürgen Papier, sich nicht in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts widerspiegelten, erklärte er mit dem Wahlverfahren im Richterwahlausschuss. Die Mehrheitsverhältnisse im Bundestages spiegelten sich auch dort. Dies sei ähnlich wie in Polen. Nur das dies hier kritisiert werde.
Nachdem Jacqueline Kretschmer, Schriftführerin aus dem Vorstand Traunstein, Geschenke für den Bundestagsabgeordneten Wolfgang Wiehle und für Dr. Nicolaus Fest überreicht hatte, schloss Dr. Hans Fellner die erfolgreiche Veranstaltung nach gut zweistündiger Dauer mit der Ankündigung einer weiteren hochkarätigen Veranstaltung mit der prominenten AfD-Politikerin Beatrix von Storch im September im Landkreis Traunstein.

Von links nach rechts: Andreas Füssel, Jens Schosnowski, Wolfgang Wiehle, Hans-Jörg Müller, Dr. Nicolaus Fest, Markus Plenk